Verdampft Alkohol beim Backen und Kochen?

Dass ein Schluck Bier, ein Schuss Likör oder ein Glas Wein in Gerichten für ein interessantes Aroma sorgen kann, ist unstrittig. Bleibt die Frage, wie viel Alkohol am Ende tatsächlich übrig bleibt. Was meinen Sie?

Ob Bier, Likör oder Wein – alkoholische Getränke können Speisen verfeinern und ihnen ein besonderes Aroma verleihen und finden Verwendung in Suppen, Saucen, Hauptspeisen und  Süßspeisen.

So manche Köche diskutieren darüber, ob der beigefügte Alkohol beim Backen oder Kochen verdampft oder nicht.

Die einen denken ein wenig Alkohol verkocht, die anderen hingegen raten zur Vorsicht, vor allem wenn Kinder mitessen.

Das wir unseren Kindern keinen Alkohol verabreichen sollten, steht außer Frage.

Wie geht man jedoch vor, wenn in einem Rezept z.B. etwas Wein als Zutat vorgesehen ist?

Würde das Kindern oder Schwangeren schaden?

Richtig ist, dass die Restalkohol Menge von einigen Faktoren abhängt, etwa von der Konzentration, der Menge und auch der Art des Alkohols. Lebensmittelforscher haben weiters herausgefunden, dass der Zeitpunkt der Beigabe, die Garzeit und die Gartemperatur einen Einfluss darauf haben, ob und wie viel Alkohol in der Speise verbleibt. l

Generell gilt, damit Alkohol überhaupt verdampft, braucht er Hitze und Zeit. Der Siedepunkt von reinem Alkohol, auch als Ethanol, Ethylalkohol, Spiritus oder Weingeist bekannt, ist farblos, charakteristisch würzig im Geruch, brennt am Gaumen, leicht entzündlich, liegt bei 78,3 Grad Celsius. Der von Wasser-Alkohol-Gemischen zwischen 78,3 und 100 Grad, da mehr Wasser als Alkohol enthalten ist. Eine Tatsache bleibt auf jeden Fall bestehen, je stärker und länger Alkohol erhitzt wird, desto mehr verdampft und desto weniger verbleibt im fertigen Gericht.

Zu diesem Thema gibt es wenige seriöse, wissenschaftliche Publikationen aus renommierten, internationalen Journalen, die sich mit dem Verdampfen von Alkohol beim Backen und Kochen beschäftigen.

In einer Studie aus dem Jahr 1992 wurden sechs verschiedene Rezepte, wie viel Alkohol beim Kochen im Essen verbleibt, untersucht. Beim Kochen kamen Wein, Weinbrand, Sherry und Liköre zum Einsatz. Die Speisen wurden je nach Zubereitungsart unterschiedlich lang, von weniger als eine Minute bis zweieinhalb Stunden, flambiert, aufgekocht, geköchelt, und gebacken.

Nach der Fertigstellung der Speisen wurde der Restalkoholgehalt im Essen analysiert.

Die Ergebnisse der Studie, wieviel von der ursprünglich zugegebenen Menge noch vorhanden war:
– nach kurzer Garzeit unter 1 Minute (flambieren) verblieben 83 bis 85 %,
– bei überbackenen Austern nach 25 Minuten bei 191 Grad immerhin 41 bis 49%,
– nach 2 ½  Stunden vor sich hin köcheln (Rinderbraten), waren 4 bis 6 %.

Im Jahr 2011 wurde im Rahmen einer anderen Studie ebenfalls der Restalkoholgehalt in verschiedenen Gerichten gemessen. Einem kalten Fischeintopf wurde Alkohol zugegeben, und nach 45-minütiger Kochzeit in einer zugedeckten Pfanne enthielt dieser noch 30 Prozent des zugegebenen Alkohols. Bei der Zubereitung eines Rindfleisch- und Hasen Gerichts wurde Rotwein der bereits kochenden Speise zugesetzt. Nach einer weiteren Stunde Kochens bei geschlossenem Deckel konnten noch fünf Prozent des beigemengten Alkohols nachgewiesen werden.

Eine Studie aus dem Jahr 2016 befasst sich mit dem Kochen mit Bier. Es wurden 10 Gerichte getestet, in denen der Alkoholgehalt vor, während und nach der Zubereitung bestimmt. Mit Alkohol zubereitet wurden Karottensuppe, gedämpfter Fisch, Palatschinken, Dressing, geschmortes Rindfleisch, Spareribs sowie Weizen- und Roggenbrot und Haferbrei, die während der Fermentation ihren Alkoholgehalt bekommen.
Die Wissenschaftler ermittelten folgende Ergebnisse: Während der Zubereitung ging mehr Alkohol als Wasser verloren und der Alkoholgehalt sank in den gekochten Speisen. Durch die Kochzeit sank der Alkoholgehalt – je länger ein Gericht kocht, umso mehr Alkohol geht verloren. Bemerkenswert war, dass in den fermentierten Speisen teilweise ein höherer Alkoholgehalt gemessen wurde, als theoretisch darin enthalten sein sollte.

In einer 2017 in Dänemark durchgeführten Studie wurde untersucht, wie sich der beigefügte Alkohol beim Kochen eines flüssigen Gerichts verhält. Die Wissenschaftler fügten zu 900 Milliliter Kalbsfonds 150 Milliliter Bier oder Wein hinzu und erhitzten die Mischung. Sie konnten unter anderem zeigen, dass die Konzentration von Alkohol im Essen schneller sinkt, wenn ein Deckel beim Kochen verwendet wird. Dieser darf aber nicht ganz geschlossen werden, so dass Dampf entweichen kann. Die Größe des verwendeten Kochtopfes hatte keinen Einfluss auf den Restalkoholgehalt. Auch bei diesen Versuchen waren nach der Kochzeit noch geringe Mengen an Alkohol in dem Fonds vorhanden.

Alle Studien konnten zeigen, dass definitiv noch Restalkohol in den Speisen verbleibt.
Wie viel das ist, hängt von mehreren Faktoren ab: von der Menge, vom Alkoholanteil, der Zubereitungsart und ob mit oder ohne Deckel gekocht wurde.

Zur Veranschaulichung hier ein konkretes Beispiel. Fügt man einer Speise 100 Milliliter eines 12 %igen Weines ( somit 12 Milliliter reinen Alkohol) hinzu, köchelt es für zweieinhalb Stunden und teilt es auf vier Portionen auf, so gilt: Bei einem Restalkoholgehalt von vier Prozent des ursprünglich zugesetzten Alkohols würde für jeden 0,12 Milliliter reiner Alkohol im Essen übrigbleiben. Das entspricht 1 Milliliter des Weines und ist somit sehr wenig.

Fazit:

Der Küchen Mythos, dass Alkohol beim Kochen vollständig verdampft, stimmt laut aktuellem Wissensstand nicht.
Auch nach längerem Erhitzen verbleibt Alkohol in geringer Konzentration im Essen.

Bei der Frage, ob die verbleibende Restmenge an Alkohol im Essen problematisch ist oder nicht,
kommt es auch darauf an, wer mitisst.

Wer schwanger ist oder, sollte genau darauf achten, gar keinen Alkohol zu sich zu nehmen.
Dies sollte man bei der Zubereitung des Essens bedenken. Hier könnte alkoholfreies Bier oder Wein eine Alternative sein, um den Geschmack trotzdem zu erzielen.

Wer für Kinder kocht, sollte gänzlich auf Alkohol in der Zubereitung verzichten.

Möchte man Alkohol meiden, so sollte man wissen:
Auch in (reifen) Früchten und in Fruchtsäften kommt Ethanol ebenso vor wie in vielen Brotsorten oder
Sauerkraut (Fermentation) – allerdings nur in geringen Mengen.

Quellen:

Helms, S.; Tatsache oder Trugschluss: Verdampft Alkohol vollständig beim Kochen?, 2019, https://www.stern.de/gesundheit/gesundheits-mythen/verdampft-alkohol-beim-kochen-vollstaendig–3932814.html

Schebesta, A.; Verdampft Alkohol beim Kochen?; Der Standard Online, 2019,
https://www.derstandard.at/story/2000094155376/verdampft-alkohol-beim-kochen

Augustin J., et al.: Alcohol retention in food preparation; Journal of the American dietetic association, April 1992, Volume 92, No.4, Seite 486 ff, 1992

Mateus D., et al.: Headspace SPME–GC/MS evaluation of ethanol retention in cooked meals containing alcoholic drinks; Food Chemistry, Volume 126, Issue 3, 1 June, Seite 1387 ff, 2011; https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0308814610015360

Snitkjæra P., et al.: Fate of ethanol during cooking of liquid foods prepared with alcoholic beverages: Theory and experimental studies; Food Chemistry, Volume 230, No.1 September, Seite 234 ff, 2017 https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1878450X16300427#bib16

Ryapushkina J., et al.: Cooking with beer: How much alcohol is left?; International Journal of Gastronomy and Food Science, Volumes 5–6, October–December, Seite 17 ff, 2016
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1878450X16300427#bib16

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